Marguerite Yourcenar, Ich zähmte die Wölfin

Es ist eines „der“ Bücher, welches mich zuhören lässt. Hadrian reflektiert in seiner Villa in Tibur, in einem Brief an seinen Neffen Marc Aurel sein Leben. Die Sprache Jourcenars, die Begründungen über menschliches Verhalten, die wechselnden Masken und Gesichter Hadrians zu erkunden, sind so klar, präzise und dabei von melancholischer Schönheit. Mich hat auch im Besonderen berührt, mit welcher Leidenschaft und Schonungslosigkeit sich selbst gegenüber er seine Krankheit, seinen Körper, der mehr und mehr zerfällt, beschreibt. Jede Regung seines Körpers, jeden Schmerz wollte er spüren. Es ist ja sein Leib, sein Leben und er wollte nicht mit Schmerzmittel darum betrogen werden. Er wollte alles fühlen, sein Leben nicht nur in Freude sondern in allen seinen Regungen wahrnehmen: Leben!

 

Diese Schilderungen lassen mich wachsam zuhören. Sie schärfen meine Aufmerksamkeit der Umwelt und nicht zuletzt mir gegenüber. Wenn ich solch wundervolle Texte lese, bin ich gestärkt, um aufmerksam an meinen Themen weiterzuarbeiten. Das Wichtigste für mich ist, WIE ein Thema behandelt wird. WIE, mit welcher Aufmerksamkeit und Hingabe ich an meine Arbeit gehe.

 

Ein Gedicht Yourcenars und zugleich ihr Lebensmotto, das wunderbar mit dem Roman übereinstimmt :

 

„Nicht hoffen auf dauerhaftes Glück, denn alles ist im Fluss, bewegt sich, entgleitet uns, so wie der Flug einer Libelle im verlöschenden Licht eines Sommerabends.“

 

Eva Pliem