Gilles Deleuze, Die Falte. Leibniz und der Barock

„pas un drapeau!“ (deutsch: „Keine Flagge!“) ist das Ergebnis meiner Auseinandersetzung mit der Beziehung zwischen der Wirk­lich­keit und ihrer Repräsentation vor dem Hintergrund weltweiter Krisen und Kriege. Der Bilderzyklus ist Ausdruck meiner Faszination für Faltenwürfe und die Ästhetik des Verhüllens. Ich themati­siere damit das Spannungsfeld von Einfaltung und Entfaltung, von Verhüllung und Enthüllung. Damit greife ich ein Phänomen auf, das der französische Neostrukturalist Gilles Deleuze als epochentypisch für den Barock bezeichnete: „Die ins Unendliche gehende Falte ist das Charakteristikum des Barock.“ (1) Aus Sicht des Berliner Kunsthistorikers Horst Bredekamp ist die Falte eine zentrale Metapher Leibniz‘ für den Erkenntnisprozess: „Die Falte, die als Schmuckbinde in der Mode des 17. Jahrhunderts und in der bildenden Kunst vielfach verwendet wird, ist einer der zentralen Begriffe in Leibniz‘ Kosmologie. Das Subjekt, das das Universum entdecken will, muss sich im Entfalten üben, da das im Verborgenen Liegende der Entfaltung bedarf.“ (2)

 

Ausgangspunkt und Auslöser für die Arbeit waren die Flucht- bzw. Flüchtlingsbewegungen seit Sommer und Herbst 2015, die mich emotional sehr berührt und in mir eine Vielzahl von Fragen aufgeworfen haben. In Folge beschäftigte ich mich intensiv mit dem Syrien-Krieg und las unterschiedlichste Medien, aber auch eine Menge Bücher zum Thema, etwa von Tim Anderson, Karin Leukefeld, Michael Lüders. Ungefähr zu dieser Zeit entdeckte ich Bill Blums Buch „Killing Hope“. (3) Das habe ich dann fasziniert und mit wachsendem Entsetzen verschlungen. Darin doku­mentiert er chronologisch und höchst akkurat auf knapp 800 Seiten rund 50 Operationen der CIA seit dem 2. Weltkrieg bis zur Irak-Invasion 2003. In einer Rezension wird die Bedeutung dieses Werks folgendermaßen beschrieben: „Zurecht wird im Klappentext diese ‚umfassendste Studie des andauernden US-amerikanischen weltweiten, 'demo­kratischen' und multiethnischen Holocaust‘ von dem berühmten Linguisten und politischen Aktivisten Noam Chomsky als ‚das beste Buch zur Sache‘ und vom Schriftsteller John Stockwell, der als Major a. D. der Marineinfanterie jahrelang in leitender Position ver­deckte Operationen des US-Auslandsgeheimdienstes in Übersee führte, bis er ausstieg und selbst Regie­rungskritiker wurde, als ‚die einfach beste Zusammen­fassung der Geschichte des CIA‘ gepriesen.“ (4) William Blum war US-amerikanischer Publizist und kon­sequent scharfer Kritiker der US-Außenpolitik. Er arbeitete im US-Außenamt, bis er es 1967 wegen seiner Opposition zum Vietnamkrieg verließ. Er verstarb im Dezember 2018.

 

Martina Montecuccoli

 

 

(1) Gilles Deleuze: Die Falte. Leibniz und der Barock. - Frankfurt a. Main: Suhrkamp, 2000

(2) https://www.deutschlandfunkkultur.de/galilei-hobbes-leibniz.1088.de.html?dram:article_id=176668 (letzter Zugriff, 2.2.2019)

(3) William Blum: Killing Hope. Zerstörung der Hoffnung – Globale Operationen der CIA seit dem 2. Weltkrieg. (dt. Übersetzung, 793 Seiten). - Frankfurt, Zambon, 2. Auflage, 2014

(4) Redaktion Schattenblick, http://www.schattenblick.com/infopool/buch/sachbuch/busar510.html (letzter Zugriff, 2.2.2019)